Kurt Langbein, Elizabeth T. Spira

Kurt Langbein, Elizabeth T. Spira
Der Archipel Mauthausen // 1984

Erstausstrahlung: 1.11.1983 (ORF/„Teleobjektiv“)

Filmbericht über Vermietung von KZ-Häftlingen aus Mauthausen an Baufirmen zur Verrichtung der Schwerarbeit. Mauthausen war die „Schaltzentrale“ für 48 aufgrund sogenannter kriegswirtschaftlicher Erfordernisse errichteter Nebenlager. KZ-Überlebende und Augenzeugen berichten über Lebensbedingungen der Zwangsarbeiter am Loiblpass (Tunnelbau), Großraming (Staumauer), SS-Arbeitslager Wiener Neustadt, Melk (Stollenbau zur Sicherstellung von Waffen), Zipf (Bunkerbau für Raketentriebwerktests) und Ebensee. Von den Zeithistorikern Florian Freund und Bertrand Perz beraten, haben Langbein und Spira nicht nur die Stätten einstiger „Nebenlager“ besucht, sondern auch mit ehemaligen Häftlingen gesprochen, die heute in Frankreich, der Bundesrepublik Deutschland, Jugoslawien, in der ČSSRund in Österreich leben.

1   Steht für den historischen Staat Tschechoslowakische Sozialistische Republik.

Begründung der Jury

Die Stärke dieses „Teleobjektiv“-Beitrages liegt zunächst in der formalen Gestaltung, die dem grauenvollen Thema gerecht wird. Die Stärke des Beitrages liegt aber vor allem im 45 Minuten lang spürbaren Engagement der Gestalter. Sie klagen nicht an, aber entlarven, sie wecken nicht Mitleid, sondern lösen Betroffenheit aus und zwingen zum Denken: Wie konnte das passieren? Langbein und Spira versuchen auch nicht Bekanntem krampfhaft neue Aspekte abzugewinnen, sondern heben weithin Unbekanntes ins Bewusstsein der Seher. „Der Archipel Mauthausen“ zeigt die enormen Möglichkeiten des Fernsehens, unangenehmes aber notwendiges Wissen einem Massenpublikum zu vermitteln. Es dürfte weitgehend Übereinkunft darüber zu erzielen sein, dass die Vergangenheit zu bewältigen ist. Um bewältigen zu können, muss man kennen, was zu bewältigen ist.